Bruderliebe - Warum es diesen Film gibt

Er schaut immer so durch mich durch. Ich dachte darüber nach, wie ich Markus helfen könnte, mit seinen Augen wieder richtig zu "fixieren". Es müsste etwas zum Anschauen sein, das ihn interessiert, vielleicht etwas, das er kennt und unbedingt sehen will. Und er sollte von einer zentralen Position aus den Fokus auf das Gezeigte haben. 'Fotos', dachte ich sind zu unbeweglich.

 

Plötzlich kam mir eine Idee: langsame Videos von Bahnfahrten aus der Perspektive des Zugführers, die ich mir nachts schon mal im Fernsehen angeschaut hatte - die wären gut. Nach ein paar Experimenten waren Autofahrten durch die Straßen unserer Heimat, die er kennt, aber noch besser. 

 

Ich installierte also eine Filmkamera an der Frontscheibe des Autos und fuhr die Wege ab: Von seinem Zuhause zum Supermarkt, zum Bus, zur Post, zur Schule, zum Nachbarort, zum Elternhaus usw. und filmte alles.

 

Diese Videos habe ich dann in seinem abgedunkelten Krankenzimmer - begleitet von freundlicher Musik - über einen Laptop abgespielt, der vor ihm über dem Bett fixiert war.

Diese und andere Aufnahmen habe ich unserem Hausarzt Dr. Christoph Beckmann gezeigt und er erzählte davon der Regisseurin Julia Horn.

 

Die war spontan interessiert an der Geschichte und wir trafen uns Ende 2008. Ich zeigte ihr das viele Stunden lange selbst gedrehte Video-Material, auf dem ich praktisch vom ersten Tag an (nach dem Unfall) alles wichtige aufgenommen hatte. Ich erzählte ihr von meinen Problemen, Ideen und Vorstellungen, wie es weitergehen soll. Sie beschloss, daraus ein Dokumentarfilm zu machen...